Seit knapp zwanzig Jahren ermöglicht die Tanzraumförderung Hamburger Tänzer*innen Trainings in unabhängigen Tanzstudios. Verwaltet seit 2019 durch den Dachverband freie darstellende Künste Hamburg (DfdK) hat die Tanzraumförderung langfristig die Ausgangsbedingungen prekarisierter Tanzschaffender in Hamburg verbessert.
Insbesondere während der Pandemiejahre 2020-22 stützte die Förderung sowohl Tanzschaffende als auch indirekt die Tanzräume mit einer vorübergehenden Erhöhung der jährlichen Fördersumme von 42.000€ auf 72.000€. Es ist klar: Die Tanzraumförderung (TRF) ist integraler Bestandteil der freien darstellenden Künste in Hamburg.
Für die TRF mietet der Dachverband freie darstellende Künste (DfdK) unterschiedliche Studios (aktuell Bewegungsraum e.V. im Gängeviertel, Triade Tanzforum e.V. in der Bernstorffstraße und die Wiese eG in Barmbek; in 2022 auch Scheinwerfer DanceCenter und Gymnastica) und vergibt 2- bis 3-stündige Probenslots kostenlos an freie Hamburger Tanzschaffende. Aktuell sind etwa 80 Tanzschaffende Mitglied in der TRF.
Relevanz & Effekt der Tanzraumförderung Die TRF ist konzipiert als Trainings-Förderung und schließt explizit Produktions-Proben o.ä. aus. Diese gezielte Ausrichtung ist bedeutsam, denn sie legt den Fokus auf das Handwerk der Tanzschaffenden: Training, Unterrichtskonzeption, Experiment und Weiterentwicklung der eigenen Praxis, unabhängig von laufenden Produktionen. Diese unerlässlichen Bestandteile tänzerischer Arbeit sind auf stabile Rahmenbedingungen angewiesen.
Insbesondere seit der Umstrukturierung der TRF in 2019 ist es gelungen, nicht nur einen exklusiven Kreis Tanzschaffender anzusprechen, sondern das Angebot einer breiten und diversen Zielgruppe zugänglich zu machen. Die TRF ist somit Ausgangspunkt für die Entwicklung einer ernstzunehmenden, relevanten und diversen Tanzszene in Hamburg - mit Wirkmacht über Hamburg hinaus.
Gerade zum jetzigen Zeitpunkt, an dem die florierende Tanzszene Hamburgs dazu einlädt, erste positive Zwischenbilanzen zu ziehen, wird das Erfolgskonzept TRF vor neue Herausforderungen gestellt.
Bisherige Konditionen Bis zum 3. Quartal 2023 haben alle Proberäume der TRF 10€ pro vermieteter Stunde erhalten. Im Vergleich zu ähnlichen Flächen, die nicht in der TRF sind, ist dieser Preis außerordentlich günstig. Regulär kommerzielle Tanzräume vermieten mind. 85 bis 150% teurer. Diese hervorragenden Konditionen sind oft von den Räumen durch Ehrenamtsstrukturen zivil subventioniert; ohne diese Engagement-basierte Bezuschussung wäre eine langjährige Vermietung zu 10€/h undenkbar gewesen.
Die Entwicklungen seit 2022 Seit 2022 verändern sich die Rahmenbedingungen für das Gelingen der TRF. Im Zuge des Ukraine-Krieges steigende Inflation sowie steigende Miet- und Mietnebenkosten stellen auch die Proberäume der TRF vor neue Herausforderungen. Den Mitgliedsräumen der TRF zeichnet sich – finanziell und besonders im Rahmen der TRF – folgendes Bild:
Auf organisatorischer Ebene vereinbart der DfdK seit 2023, nach jahrelanger Praxis von Jahresverträgen mit einer festgelegten monatlichen Pauschale, nur noch vierteljährliche Vereinbarungen. Hinzu kommt, dass der DfdK seit 2023 Sommer- bzw. Winterpausen einkalkuliert, die pro Raum eine Einnahmeneinbuße von jährlich knapp 1000€ zur Folge haben.
Wiese eG und Bewegungsraum e.V. mussten in 2023 wegen steigender Betriebskosten ihren Stundenpreis um 5€/h für alle Mieter*innen erhöhen. Der DfdK übernahm diese Erhöhungen zum 3. Quartal 2023. Triade Tanzforum e.V. wird perspektivisch ab Juli 2024 die Preise leicht erhöhen müssen und vermietet bis dahin - explizit mit dem Wunsch, mehr Slots für freie Tanzschaffende zur Verfügung stellen zu können - weiter zu 10€/h.
Status Quo zum ausgehenden 4. Quartal 2023 Die Fördersumme für die TRF wird in 2024 nicht steigen. Das bedeutet: Um die erhöhten Raummieten zu stemmen, ist der DfdK gezwungen, die Stundenkontingente innerhalb der TRF zu verringern - konkret in der Triade wöchentlich um 5 Stunden, im Bewegungsraum wöchentlich um 7 Stunden, und in der Wiese um einen Probetag. Bei anhaltender Inflation und weiter steigenden Nebenkosten bedeutet das schon ab 2024 ein stilles Wegsparen der TRF. Während der Bedarf nach der TRF hoch ist, sinken verfügbare Kapazitäten und weniger Tanzschaffende können in der TRF trainieren.
Gleichzeitig sind Triade, Wiese und Bewegungsraum angewiesen auf die verlässliche, langfristig planbare Einnahmequelle, die die Raumvergabe der TRF darstellt. Parallel dazu verlieren andere althergebrachte Trainingsorte außerhalb der TRF, wie etwa derProberaum Wartenau (in diesem Fall wegen einer Mietpreiserhöhung nach Eigentümerwechsel), ihr Fundament.
So zeichnet sich ein Bild von stillem Förderungsrückbau, der bereits ab Januar 2024 mindestens zweierlei spürbare Effekte haben wird: zum einen werden die Tanzschaffenden und deren Grundlage zum professionellen Arbeiten weiter prekarisiert, und zum anderen leiden die räumlichen Infrastrukturen am Mangel finanzieller Planbarkeit. Somit wird das gesamte kulturelle Ökosystem bedroht.
Wie Kulturstaatsministerin Claudia Roth schon früher in diesem Jahr betonte: „Wir brauchen als Gesellschaft die Kultureinrichtungen gerade jetzt in dieser Zeit sich überlagernder Krisen, denn sie bewahren und zeigen nicht nur unsere Kulturgüter, sie sind auch Bildungseinrichtungen und wichtige soziale Orte des gesellschaftlichen Austauschs. […] [S]ie alle leisten einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs in einer damit gestärkten, lebendigen Demokratie.“
Die Tanzraumförderung ist Inkubator solch sozialen und gesellschaftlichen Austauschs, der, breit gefächert, in unterschiedlichste Kultureinrichtungen der Stadt hineinwirkt. Die Tanzraumförderung ist es wert, von der Behörde für Kultur und Medien auch in teuren und stürmischen Zeiten nachhaltig gefördert zu werden.
im Haushalt für 2025/26 die Wiederherstellung der Stundenkontingente vom 3. Quartal 2023 zum inflationsangepassten Stundensatz von 15€,
Jahresverträge mit Planbarkeit um ein halbes Jahr im Voraus, die keine Sommer- und Winterpausen vorsehen,
keine Kürzungen und je nach Finanzierungslage einen Inflationsausgleich bzw. je nach Belastung der Mieter*innen eine Erhöhung.
Kurz: Wir fordern, dass die BKM die Finanzierung der TRF den wirtschaftlichen bzw. sozioökonomischen Rahmenbedingungen entsprechend angemessen anhebt und der DfdK über die kommenden Jahre mit den Räumen der TRF im intensiven Austausch bleibt.
Triade Tanzforum e.V., Der Bewegungsraum im Gängeviertel e.V., Wiese eG im Namen der Nutzenden der Tanzraumförderung Hamburg, November 2023